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#Ausstellung: Ganz ungeheuerliche Farbwunder

Wilhelm Morgner, Ornamentale Komposition II, 1912_72dpi

Wilhelm Morgner: Ornamentale Komposition II, 1912, Kunstmuseum Wilhelm-Morgner-Haus, Soest, Foto: Thomas Drebusch

Wilhelm Morgner, dies wird nach dem Besuch der kürzlich eröffneten Ausstellung im Paula-Modersohn-Becker Museum (PMBM) und der Lektüre des absolut empfehlenswerten Kataloges deutlich, ist eine mehr als schillernde Persönlichkeit.

1891 geboren, wächst er unter schwierigen Bedingungen auf, verlässt seine Heimatstadt Soest in Westfalen in seinem kurzen Leben freiwillig nur zweimal für je drei Monate. 1913 zum Militär eingezogen, leistet er ab 1914 Kriegsdienst und kommt am 16. August 1917 an der Front ums Leben.

Morgner ist auch bei den Blauen Reitern präsent

Gleichwohl ist er nicht abgeschottet von den zeitgenössischen Entwicklungen der westeuropäischen Kunstwelt, liest wesentliche Kunstperiodika und nimmt an wichtigen Ausstellungen prominent teil. Morgner ist zum Beispiel 1912 auf der berühmten Sonderbund-Ausstellung in Köln vertreten und präsentiert auf der zweiten Ausstellung des „Blauen Reiters“ 20 seiner Gemälde.

Wilhelm Morgner, Der Holzarbeiter, 1911, Kunstmuseum Wilhelm-Morgner-Haus, Soest, Foto Thomas Drebusch_NEU

Wilhelm Morgner: Der Holzarbeiter, 1911, Kunstmuseum Wilhelm-Morgner-Haus, Soest, Foto: Thomas Drebusch

Die nun in Bremen gezeigten Gemälde, Briefe und Skizzen stammen alle aus der Zeit 1910 bis 1913 (ab 1913 malt Morgner umständehalber nur noch Skizzen). Die Ausstellung zeigt 23 großformatige Werke des expressionistischen Ausnahmetalentes (und Autodidakten!) ebenso wie illustrierte Briefe und schließlich eher gruselig anmutende Selbstportraits. Schwarz-Weiß-Portraits, in denen Morgner sich oftmals älter darstellt als er ist und von den über 80 (!!) überliefert sind.

Begleitkatalog: Prädikat empfehlenswert

Diese Selbstporträts zeigen die manische Beschäftigung des jungen Morgner mit sich selbst, die Briefe wiederum sind wichtige Quellen für die Forschung. Im Begleitkatalog ist unter anderem ein Glossar mit Zitaten enthalten, die der Leserin und dem Leser einiges (etwa in seinen von Angstlust geprägten Aussagen über „Weiber“ zumuten), aber in ihrer Intensität auch tiefe Einsicht in das Denken und Fühlen des unter dem Spießertum leidenden Außenseiters geben. Der Band dokumentiert – und dies ist in den Bildern ebenso zu spüren – wie sehr Morgner vom Malen und den Farben fasziniert ist und wie sehr ihn sein Malen prägt und beschäftigt.

Inspiriert von van Gogh und Kandinsky

Die farbenprächtigen Bilder aus diesem ja schlussendlich relativ kurzen Schaffenszeitraum zeigen Einflüsse von van Gogh und Kandinsky – Morgner gilt heute als einer der ersten Maler, der schrittweise überhaupt begann, abstrakt zu malen. Dieser Übergang ist in den in Bremen im oberen Stockwerk hängenden „ornamentalen“ und „astralen Kompositionen“ aus den Jahren 1912 und 1913 gut nachzuvollziehen.

Zur Ausstellung ist vom Ernst-Barlach-Haus in Hamburg unter dem Titel „Ins Unermessliche Vielleicht!“ ein formidabel ausgestatteter Katalog erschienen (herausgegeben von Karsten Müller, ISBN 978-3-9816776-0-7). Er ist in der Ausstellung für 22 EUR erhältlich.

Ich träumte von ganz ungeheuerlichen Farbwundern. Wilhelm Morgner 1910-1913. In den Museen Böttcherstraße, geöffnet Dienstag bis Sonntag 11 bis 18 Uhr, bis zum 14.6.2015. Eintritt 6 EUR, ermäßigt 4 EUR. Böttcherstraße 6-10, 28195 Bremen.

Text: Bernd Hüttner (mit Dank an Claudia Bär)

Fotos: Kunstmuseum Wilhelm-Morgner-Haus, Copyright Thomas Drebusch

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