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bremenAktuell: Ein buntes Haus für den Stadtteil

Auch wenn es von außen im schlichten Weiß daherkommt, drinnen geht es bunt zu. In nur zwei Jahren hat sich das SOS Kinderdorf-Zentrum in der Bremer Neustadt zum beliebten und belebten Treffpunkt für viele Menschen entwickelt. Mit einem Angebot genauso vielfältig und bunt wie auf dem damaligen Werbeplakat, mit dem sich die neuen Nachbarn vorstellten. Schon seit 2006 gab es ein kleines Mütterzentrum in der Mainstraße, der Umzug in die ehemalige Stadtbücherei in der Friedrich-Ebert-Straße ermöglichte im Jahr 2011 auf 1.600 Quadratmetern mal etwas größer zu denken und sich der ganzen Nachbarschaft zu öffnen. Etabliert hat sich ein Treffpunkt für Menschen jeden Alters, Eltern mit Kindern, Jugendliche, Berufstätige und Senioren. „In Zukunft wollen wir noch mehr Menschen im Stadtteil aus allen sozialen Schichten erreichen und Kinder unter drei Jahren noch stärker in den Fokus rücken“, erklärt Karin Mummenthey, Leiterin der Einrichtung, die künftige Ausrichtung.

Café plus offenes Angebot plus Kurse

Das Konzept fußt dabei auf drei Säulen: Das Café im Erdgeschoss als offener Treffpunkt versorgt zwischen 9.00 Uhr und 17.00 Uhr (freitags bis 14.00 Uhr) alle, die mögen mit preisgünstigen, gesunden Angeboten und viel Raum für Begegnung. Der Mittagstisch wird täglich von bis zu 100 Menschen genutzt, darunter auch Studierende aus der benachbarten Hochschule. Weitere 100 Essen für die Kindergruppen im Haus und für Schulen werden in der angegliederten Großküche  produziert, hier arbeiten auch Menschen, die im regulären Arbeitsmarkt wenig Chancen haben. Rund ums Café sind die meisten der offenen Angebote arrangiert, Säule Nr. 2 im Konzept: Ob es nun um besonders gesunde Frühstücksvarianten, einen Treff für stillende Mütter, das Sprach- und das Großelterncafé oder das neue Väterfrühstück am Samstag geht, das zwanglose Miteinander schafft Kontakt, stärkt den Austausch, gibt anleitenden Pädagoginnen den Raum für Beratung und Informationen. Als dritte Säule fungiert das breite Bildungs- und Beratungsangebot in festen Kursen, hier werden Kenntnisse in Computersoftware, Bewegungsimpulsen oder künstlerisches Arbeiten vermittelt oder psychische Hilfe, Rechtsberatung und verstärkt die Frühberatung für Säuglinge und Kleinkindern angeboten. Ziel aller Bemühungen ist im allgemeinen die Hilfe zur Selbsthilfe und im speziellen die Erziehungskompetenz der Eltern zu stärken.

Second-hand im Klamöttchen und bolzen mit Werder-Profis

Auch beim SOS Kinderdorf-Zentrum in der Neustadt geht nicht viel ohne Ehrenamt. Mittlerweile engagieren sich 31 Frauen und Männer mit ihrem Know-how, sortieren und verkaufen im hauseigenen Second-hand-Laden Klamöttchen Kinderkleidung bis Größe 152 oder bieten Hausaufgabenbetreuung an. Sie sind 72 Stunden pro Woche in der Einrichtung aktiv. Daneben sorgen Kooperationen, wie die mit Werder Bremen oder den Bremer Philharmonikern, für High-Lights im Programm, mediale Aufmerksamkeit und stehen für das soziale Engagement Bremer Institutionen. Deshalb bolzen Jugendliche regelmäßig mit Werder-Spielern oder machen Musik mit einer Profi-Musikerin der Extraklasse. Nicht zu unterschätzen dabei auch der Vorbildeffekt für viele Kinder! Doch auch junge Azubis der Telekom engagieren sich, bringen Kindern oder Erwachsenen den Umgang mit Computer bei. Für ein noch breiteres Angebot fehlt es (noch) an Geldgebern, denn Ideen gibt es genug: Deutschkurse für Erwachsene, eine Jungengruppe, Feierabendtreff mit Austausch, Kino …

Mehr Geld für mehr Nachbarschaftshäuser

Wie so oft erschweren mangelnde finanzielle Möglichkeiten (und auch ein gewisser Platzmangel) eine schnellere Umsetzung neuer Angebote. Deshalb sucht die Einrichtung neben weiteren ehrenamtlich engagierten Menschen auch Privatpersonen und Unternehmen, die spenden oder sich als Paten an die Einrichtung binden. Die Stadt Bremen hält sich auffällig zurück mit einer Co-Finanzierung. Dabei zeigt die sehr gute Auslastung, wie groß der Bedarf in der oft als privilegiert wahrgenommenen Neustadt für Angebote dieser Art ist. Ihre Kompetenz in Sachen Frühberatung werden die MitarbeiterInnen das SOS Kinderdorf demnächst auch in einem weiteren Ortsteil der Neustadt einbringen können: Im geplanten Quartierszentrum in Huckelriede, das zurzeit von verschiedenen Trägern – darunter auch das Amt für Soziale Dienste – geplant wird. Bleibt zu hoffen, dass dieses Quartierszentrum ab 2016 ein ähnlich buntes und erfolgreiches Angebot für seine Nachbarn entwickelt, wie das Begegnungszentrum in der Friedrich-Ebert-Straße.

Das aktuelle Programm für Veranstaltungen im SOS Kinderdorf-Zentrum gibt es hier und auch den Wochenspeiseplan.

Zum Hintergrund: Das erste SOS Kinderdorf wurde von Hermann Gmeiner 1949 in Tirol, das erste deutsche Kinderdorf am Ammersee gegründet, um Kriegswaisen das Aufwachsen in einer Familie zu ermöglichen. Das SOS im Kinderdorf steht nicht für „save our soles“, auch wenn das sehr gut zur Anfangsintention passt, sondern für Societas Socialis –  „soziale Gemeinschaft“.

Illustration: © SOS Kinderdorf-Zentrum Bremen