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#Auszeit: Silentium! Stille Wanderung im Schnalstal

Kleine Schilder aus Edelstahl weisen den Weg auf dem Via monachorum-Wanderweg von Katharinaberg nach Karthaus. Foto: © Heike Mühldorfer

Erst in der Stille beginnt man zu hören.
Philip Gröning

Vier Mönche auf einem Edelstahlschild weisen den Weg vom idyllisch und hoch gelegenen Katharinaberg zum auf der anderen Seite der Schnals liegenden Nachbardorf Karthaus. Ein Wanderweg der besonderen Art, der zu 90 Minuten Schweigen einlädt. Die Idee: Wie ehemals die Mönche des Kartäuserklosters ihren Alltag schweigend verbrachten, bietet der Via monachorum, der Weg der Mönche, heute in abgeschiedener Landschaft Südtirols Raum und Zeit für Naturerleben und den Kontakt mit sich selbst.

Eine Wanderung über dem Schnalstal

Der Kulturverein Schnals hat sich den besonderen Wanderweg einfallen lassen, um die Geschichte des 1325 gegründeten Klosters Allerengelsberg wiederaufleben zu lassen. Die Stille, die in der Klosteranlage wegen des Schweigegelübdes der Mönche vorherrschte und bis heute wahrnehmbar ist, verlockt im beschleunigten Alltag des 21. Jahrhunderts viele zum Ausprobieren. Bis 1782, 450 Jahre lang , war das Kloster aktiv. Danach wurden die 12 Mönchszellen, das große Haus des Priors und die schöne Klosterkirche an arme Familien aus der Umgebung verkauft. So entstand mit der Zeit aus der Kartause das Dorf Karthaus, in dem heute 300 Menschen leben. Plus diverse Touristen und Besucher, die den Ort der Stille lieben.

Blick aufs Ziel: Die Klosterkirche in Karthaus hinter der hohen Stadtmauer.

Philosophische Auseinandersetzung mit der Stille

Die Wanderung selbst ist zumeist vom Rauschen der Schnals geprägt. Erst weiter oben bietet sich die Gelegenheit Vogelgezwitscher und andere leise Töne wahrzunehmen. Dennoch wandert es sich anders, wenn  der Austausch über die Faszination der Natur nicht mit anderen, sondern mit sich selbst stattfindet. Wem das zu wenig ist, der/die kann sich an kleinen Wegtäfelchen über die örtlichen Begebenheiten informieren oder findet auch in philosophischen Zitaten berühmter Zeitgenossen Anlass über die Stille und ihre Wirkung nachzudenken. Angekommen in Karthaus ist es, bis auf den Glockenschlag um sechs Uhr abends, tatsächlich still. In der liebevoll restaurierten Klosteranlage – bzw. das was nach einem verheerenden Brand 1924 noch übrig geblieben ist – schwingt noch immer etwas von der schweigenden, ruhigen Lebensrealität der Mönche mit. Einblick gewährt außerdem ein kurzer Film über die Geschichte des Klosters.

Wer möchte, läuft nach dem kleinen Abstecher in die Vergangenheit und dem Bad in der Stille einfach weiter auf den beiden Alternativrouten des Via monachorum nach Hof am Wasser oder dem alten Wallfahrtsort Unser Frau in Schnals.

Das Leben und die Welt von heute, so wie wir sie kennen, sind schwer krank. Wäre ich Arzt und man fragte mich um Rat über die Menschen, würde ich antworten: Stille! Verschreibt ihnen Stille
Sören Kierkegaard (1844)

 

Meine Impressionen von der Via monachorum, dem Weg der Mönche im Projekt Silentium der Gemeinde Schnals im Schnalstal/Südtirol:

Text und Fotos: © Heike Mühldorfer