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#ratgeber: Von Familienglück und Kindersorgen

Zwei Ratgeber zu Familie und Kindern mit guten Anregungen für ein glückliches Miteinander. Cover: Knaur und Droemer Verlag

Während da draußen die Welt sich den Dystopien aus Hollywood annähert, soll wenigstens im sozialen Nahraum und in der eigenen Seele alles gut laufen. Es ist schon bemerkenswert: Während man sich auf eine Auslandsreise oft gut vorbereitet, stolpern viele relativ unvorbereitet in das Projekt Kind oder in eine Patchworkfamilie. Solche Ratgeber sind schon nützlich, alleine wenn man bedenkt, wie lange die Vorbereitung auf einen Beruf dauert. Ich habe mir zwei aktuelle Ratgeber zum Thema Familie und Kindern angesehen – und kann beide empfehlen.

Zwei Ratgeber für Familien

Familienglück“ des Kinder- und Jugendpsychologen Fuchs und des Coach und Erfinders des Selbstentwickleransatzes Jens Corssen, wendet sich vor allem an junge Eltern, aber auch an Erwachsene, die mit älteren Kindern zusammenleben. Ihre zentralen Thesen sind relativ simpel. „Leben findet jetzt statt“ (und nicht später), niemals andere und sich selbst abwerten, eine durch Wohlwollen beförderte „gehobene Gestimmtheit“ anstreben – und leben. Man darf den Partner kritisieren, solange die Tonart wohlwollend ist. Leistung als Leitmotiv ist total out. Am allerwichtigsten ist es, sich Zeit zu nehmen und gemeinsam zu verbringen; Zeit das „Seelenband“ zu schmieden, die Verbindung mit der Partnerin oder dem Kind zu pflegen. Zuhören. Ja, Kinder haben nicht immer dieselben Ziele wie Eltern, meistens sogar andere. Ja, Kinder sind undankbar; und zwar je älter sie werden, umso mehr.

Begriffe erschaffen unsere Wirklichkeit und damit auch unser Empfinden: Probleme sind in der Regel eine Situation, die für unsere Erwartungen extrem ungünstig ist. Die größte Sehnsucht des Menschen ist die nach Verbundenheit. Und natürlich: Miteinander reden, als Erwachsene, und sich dafür Zeit schaffen. Auch mit Kindern kann schon relativ viel, wenn auch nicht alles, besprochen werden. Das Gefühl zusammenzugehören ist der Kern des Familienglücks.

Familienglück? Es geht auch um die Eltern

Ich hätte bei der Lektüre mehrmals „Ja, so ist es“ oder „Verdammt“ rufen können, so zutreffend sind die Beobachtungen und Tipps der beiden. Entweder fühlte ich mich „ertappt“ oder die Schlichtheit (im positiven Sinne!) der Aussagen berührte mich. Dieser Ratgeber handelt vor allem von Kindern, es geht aber auch um die Pflege des Verhältnisses der Eltern untereinander; und er richtet sich auch nicht unter der Hand nur an Mütter.

Wenn Kinder Sorgen haben

Wer hingegen größere „Probleme“ hat, sollte zu anderer Literatur greifen oder sich wirklich professionellen Rat holen. Schulze-Markwort schildert in seinem Buch 20 ernsthafte Störungen bei Kindern und Jugendlichen, also u.a. Magersucht, Depression, Mediensucht, Selbstverletzung, Phobien, Konzentrationsstörungen und Zwangshandlungen. „Kindersorgen“ ist vom Inhalt und der Sprache schon anspruchsvoller als „Familienglück“, dies ist angemessen. Der Autor, selbst psychiatrischer Direktor an einem Krankenhaus in Hamburg, streut immer sehr anschauliche Beispiele („Fallgeschichten“) aus seiner Praxis ein – und gibt auch Behandlungsempfehlungen.

Ja, die Kindheit ist die schwierigste Phase im Leben eines Menschen. Die elterliche Sehnsucht nach einer sorgenfreien und unbeschwerten Kindheit, die auf die Kinder übertragen wird, führt leider oft dazu,  dass Sorgen und Krankheiten bei Kindern übersehen werden. Obwohl Kinder auch erstaunliche Ressourcen haben. Ein gutes, lesenswertes Buch zu einem wichtigen, wenn auch traurigen Thema.

 

Jens Corssen/Thomas Fuchs: Familienglück. Wie wir durch Anerkennung eine erfüllte Eltern-Kind-Beziehung erreichen; Knaur Verlag 2017, 304 Seiten, 19,99 EUR, E-Book 17,99

Michael Schulze-Markwort: Kindersorgen. Was unsere Kinder belastet und wie wir ihnen helfen können; Knaur Verlag 2017, 362 Seiten, 19,99 EUR, E-Book 17,99

Text: Bernd Hüttner