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reiseZeit: Flagge zeigen oder nicht?

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Erstaunlich entspannt beginnt der Nationalfeiertag der Australier in Brisbane. Es ist der 26. Januar. Keine lauten Paraden marschieren auf und die Hymne ist nicht über das Radio zu hören. Ohne einen Hinweis von Einheimischen, hätte man den Australia Day für einen normalen Sonntag halten können. Ab und zu fahren Autos vorbei, von denen eine blaue Fahne mit weißen Sternen und dem Union Jack flattert. Hier und dort tragen Menschen blaue Hüte mit der Flagge. Was hat es auf sich mit dem Nationalstolz auf der größten Insel der Erde? Um das zu erfahren, verbringt man den Tag am besten mit Einheimischen. Am Strand von Bribie Island, unweit von Brisbane, treffe ich Annie und ihre Freunde. „Du erlebst deinen ersten Australia Day mit Engländern, Iren und Filipinos, weißt du das“, ruft mir Jeff lachend zu. „Alle die hier leben sind irgendwann eingewandert und haben Wurzeln in allen Teilen der Welt“, erklärt er. Flagge will er nicht bekennen. Schließlich bedeute die Besiedlung des Landes auch die Unterwerfung der Aborigines, der eigentlichen Bewohner des Kontinents. Trauer müsse man aber auch nicht tragen, dazu ist das Wetter zu schön. Typischerweise verbringen die Einwohner vom östlichen Bundesstaat Queensland fast jeden freien Tag am Meer. Um den Touristen aus dem Weg zu gehen, die Reih und Glied an der Gold Coast und am Surfers Paradies braten, bevorzugen sie die Insel nördlich von Brisbane.

Tropischer Sturm statt Herbstwind

Der feine weiße Sand wird von einem milden Sturm in jede noch so kleine Falte getrieben und stichelt auf der Haut. Jedes laut gesprochene Wort trägt der Wind sofort davon. Er zerrt an Sonnenschirmen, Mützen und Decken – trotzdem werfen sich die Besucher in die hohen Wellen und lassen sich von ihnen ein Stück durch das schäumende Wasser tragen. Obwohl der Himmel bedeckt ist, herrschen 30 Grad Lufttemperatur und das Bad erfrischt. Die Australier wissen die Schönheit der Natur zu schätzen, bringen aber auch den nötigen Respekt vor ihr auf. „Bleib in der Nähe der bewachten Badezone“, rät Jeff. Die Unterströmung trägt einen ohne es zu merken binnen von Minuten gleich 30 Meter weiter strandabwärts.

Ein beliebter Sport in Australien: Kricket wird auch am Strand gespielt. Allerdings geht es dort um den Spaß, nicht um den Punktestand.

Ein beliebter Sport in Australien: Kricket wird auch am Strand gespielt. Allerdings geht es dort um den Spaß, nicht um den Punktestand.

Kricket am Strand

Nach dem Bad greifen wir begierig in Annies Kühlbox, in der sich Melone, Weintrauben und Chips verbergen. Dann wird Kricket gespielt. „Das ist unser Nationalsport. Wir konkurrieren immer mit den Briten“, sagt Jayden und greift zum länglichen Holzschläger. Obwohl man sich sonst wenig für die Belange des Tausende Kilometer entfernt liegenden Königreichs interessiert, ist den Australiern wichtig, im Sport ihren Landesbrüdern voraus zu sein. Die Mitspieler werfen den Ball zum Schlagmann, dieser trifft und schießt ihn im Idealfall so, dass ein Catcher ihn fangen kann. Punkte werden am Strand nicht gezählt, es soll Spaß machen und nicht zu anstrengend sein – schließlich ist Nationalfeiertag. Am Rande des Strands beobachten Familien das Treiben. Sie sitzen an langen Campingtischen oder stehen an fest installierten Grillvorrichtungen. „Barbie“, wie das Barbecue liebevoll von den Australiern genannt wird, ist ein beliebter Zeitvertreib. Wer nicht grillt, isst Frittiertes. Am Imbissstand vor dem Strand flattert die Flagge in Wimpelform. Sieben Einzelportionen Fish & Chips lohnen sich nicht, stattdessen ordert Jeff eine riesige für alle. Die Kellnerin bringt ein in Papier eingewickeltes Päckchen zum Tisch – ein Pfund Pommes und frittierte Fischstücken auf Zitronenscheiben verbergen sich darin – ein typischer Snack, den die „Aussies“ sich gerne gönnen und der selbst bei glühender Hitze schmeckt. Drei junge Männer kommen vom Strand und hüllen sich in Handtücher mit Flaggenaufdruck – kann man den Nationalfeiertag noch entspannter feiern? „Besser wäre es, wenn man in den nächsten Jahren mehr auf die Aborigines zugehen würde. Es herrscht schon lange die Diskussion, einen Teil ihrer Flagge in die australische zu integrieren, aber geschehen ist bisher nichts“, erklärt Annie.

Eine kleine Portion für jeden bestellt man als Gruppe nicht. Es muss schon ein Berg Pommes und Fisch sein.

Eine kleine Portion für jeden bestellt man als Gruppe nicht. Es muss schon ein Berg Pommes und Fisch sein.

 

Warum sich nicht am Strand in die Nationalflagge hüllen?

Warum sich nicht am Strand in die Nationalflagge hüllen?

Manche Australier möchten am Nationalfeiertag nicht auf die Flagge verzichten.

Manche Australier möchten am Nationalfeiertag nicht auf die Flagge verzichten.

Text und alle Fotos ©: Annica Müllenberg

Und hier geht´s zum ersten Teil: reiseZeit: Annicas Flug und die Zukunft 

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