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Wie war´s? Così fan tutte – So machen es alle (Frauen)

Foto und Copyright – Jörg Landsberg
Foto und Copyright – Jörg Landsberg

Marysol Schalit als revolutionäre Zofe Despina. Foto und Copyright – Jörg Landsberg

dieGlucke fragt immer mal wieder nach bei Menschen, die etwas ausprobieren, etwas anders machen oder etwas Überraschendes erleben. Dieses Mal berichtet Kirsten Tiedemann über ihre persönlichen Eindrücke ihrer persönliche Opern-Premiere: „Es ist ein besonderes, sehr schönes Erlebnis geworden, dass ich allen wärmstens empfehlen kann!“

(KT) Die Premiere der Oper „Così fan tutte“ von Mozart im Theater Bremen steht auf dem Spielplan, mein großer Abend, ich gehe das erste Mal in eine Oper. Aufgeregt machte ich mich auf den Weg ins Ungewisse. Vom Hören-Sagen weiß ich, dass Opern meistens italienisch verfasst wurden, oder vielleicht sogar immer? Italienisch spreche ich nicht, also muss eine Übersicht her, schließlich will ich der Handlung folgen können! Im Netz finde ich eine Zusammenfassung zur groben Orientierung.

Ein lustiges Drama

Ein „lustiges Drama“ soll „Così fan tutte“ sein, eine Verwechslungsgeschichte: Zwei adelige Freunde lieben zwei adelige Schwestern und wollen sie heiraten. Ein Philosoph wettet mit Beiden, dass Frauen generell niemals treu sein können und so werden die angehenden Ehemänner zu Treuetestern und damit auch zu Verrätern. Beide Männer ziehen angeblich in den Krieg und kehren dann verkleidet zurück, um zu versuchen, die Verlobte des jeweils anderen zu erobern. Der Philosoph und die Zofe der Schwestern fördern die Bestrebungen der Männer nach Kräften. Die Veränderungen durch die französischen Revolution (1789-99) sollen auch in der Oper vorkommen. Na, da bin ich gespannt, wie diese beiden Themen zusammengehen können. Mozarts „lustiges Drama“ (Dramma giocoso) ist eine Mischung aus seriöser Oper für Adelige (opera seriosa) und komischer Oper fürs Volk mit Slapstikelementen (opera buffa). Klassische Musik genieße ich, daran wird mein Opernabend nicht scheitern. Doch wenn ich ehrlich bin, schreckt mich die Länge der Aufführung etwas: drei Stunden sollen es sein. Es ist ein kleines Experiment, das ich wage.

Nadine Lehner und Ulrike Mayer als Schwestern. Foto und Copyright – Jörg Landsberg

Überraschungen in der Oper

Eine festliche Stimmung empfängt mich im Theater. Viele Menschen sind fein gekleidet, aber auch legere Jeans mit Pulli werden getragen. Die Bremer Philharmoniker stimmen ihre Instrumente. Ich bemerke, dass sich einige Besucherinnen und Besucher persönlich begrüßen. Die Oper beginnt mit einem Instrumentalstück. Die Overtüre, klar, schon mal gehört. Im Hintergrund agieren bereits einige Sängerinnen und Sänger. Eine besondere Überraschung zeigt sich während der ersten italienischen Arie: Eine dezente Tafel über der Bühne zeigt die Textübersetzung. Ich bin froh, ja erleichtert: Die Aufführung ist OmÜ, Original mit Überschriften! Statt überladener Bühne und opulenter Kostüme erwarten mich als zweite Überraschung an diesem Abend minimalistische Kostüme und ebensolche Ausstattung. Auf der fast leeren Bühne stehen acht überdimensionale Ventilatoren auf Rädern, die immer wieder verschoben werden. Sie symbolisieren Wind und Sturm und stehen Metapher für die Revolution, lese ich im informativen Programmheft. Eine Säule teilt die Bühne in zwei Hälften. Ein roter Vorhang, der allerdings von hinten zu sehen ist, rahmt die Bühne.

Martin Kronthaler, Ensemble, Nadine Lehner, Ulrike Mayer, Luis Olivares Sandoval. Treuetester und ihre Verlobten. Foto und Copyright – Jörg Landsberg

Wundervoller Gesang und komödiantische Szenen

Die wunderbaren Stimmen der Sängerinnen und Sänger … wie sie den kompletten Theaterraum ausfüllen! Arien sind gesungene Monologe, die mich mitnehmen in eine andere Welt. Wechselgesänge, Gegengesänge, einander überschneidende und miteinander verschmelzende Stimmen sind zauberhaft anzuhören. Der Chor kommt gelegentlich dazu. Dazu die leichte Musik von Mozart schmeichlerisch intoniert von den Bremer Philharmonikern. Tatsächlich gibt es komödiantische Szenen mit politischem Hintergrund in Così fan tutte. Die Zofe gibt sich als Arzt aus, um die verkleideten Treuetester von ihrem vorgetäuschten Selbstmordversuch zu heilen (Mozart lässt die Männer bei ihrem Test wirklich zu allen Mitteln greifen!). Nach und nach zieht der Arzt (die Zofe) die Fahne der französischen Revolution aus einer Jackentasche und sagt: „Eine Medizin für alle Krankheiten“. Ich wundere mich, dass das gesamte Publikum still bleibt und verkneife mir selbst das Lachen. Ob in der Oper nicht gelacht werden darf?

Diese Oper ist kurzweilig. Zur Hälfte gibt es eine 20-minütige Pause. Die Auflösung der Geschichte bringen schließlich mehrere unerwartete Wendungen, es werden nun mal  stürmische Zeiten dargestellt. Diese gelungene Aufführung erhielt langen, tosenden Applaus mit einzelnen Buhrufen und ist ein großes Vergnügen für mich. Ich gehe sicherlich wieder in die Oper. Es lohnt sich, dieses Experiment mit Così fan tutte einzugehen! Unbedingt empfehlenswert!

Christoph Heinrich als Philosoph. Foto und Copyright – Jörg Landsberg

Weitere Aufführungs-Termine hat dieGlucke hier zusammengestellt.