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slowMotion: Mit der Mood-Tour aus dem Stimmungstief

© mood-tour

Auf dem coolen Liege-Tandem durchs ganze Land! Die Mood-Tour, ein Fahrradmarathon gegen das Stigma der Depression geht morgen mit der letzten Etappe nach Berlin zu Ende: Im Juni 2012 startete die Mood-Tour über 4.500 Kilometer in sieben Etappen und mit 30 öffentlichen Organisationstagen, darunter auch einem in Bremen Ende August und einem in Köln, wo das Foto oben mit LadyGaga (oder war es doch ein Double?) und dem Organisator Sebastian Burger entstand. Beteiligt war immer ein festes Team von Gesunden und von Menschen, die an Depression leiden oder gelitten haben und die es wortwörtlich Leid sind, sich und ihre Krankheit zu verstecken. Der Name der Aktion wurde bewusst gewählt: Mood (engl. Laune) klingt wie das deutsche Mut. Und das braucht es auch für viele Depressive, sich mit ihrer Krankheit zu outen. Wer depressiv ist wird noch immer (zu) oft als verrückt abgestempelt, muss Angst um seinen Job haben, gilt als Suizid gefährdet. Dabei leiden vier Millionen Menschen in Deutschland an der Krankheit, betroffen sind zu zwei Dritteln Frauen. Warum das so ist, wird noch erforscht und hat nicht nur mit Hormonen zu tun. Die Krankheit zeigt viele Gesichter von Traurigkeit, lang anhaltender Müdigkeit bis hin zu stark empfundener Sinnlosigkeit und Verzweiflung. Eine Depression ist oft heilbar oder zumindest beherrschbar. Sport und Bewegung in der Natur sind ein starker Hebel gegen die Macht der Depressionen – diese Botschaft verbreiteten die Radler durch ihr Tun im ganzen Land.

Die Mood-Tour wurde auf den meisten Etappen, vor allem rund um die größeren Städte, von etlichen Mit-Radlern begleitet, die Medien berichteten, örtliche Prominenz unterstützte die Tour massiv. In Bremen fuhr zum Beispiel Willi Lemke, Sonderberater des UN Generalsekretärs für Sport mit und analysierte passend: „Viele kennen sie, manche verleugnen sie beschämt, andere überspielen sie aus vielerlei Gründen. Kaum jemand redet gerne und offen über sie: Depressionen sollten kein Tabu sein und in ihrer Wirkung nicht unterschätzt werden.“ Doch die Tour hat nicht nur eine veränderte Wahrnehmung von Depression angestoßen und gegen das Stigma angekämpft, sondern zeigte den Beteiligten und anderen Betroffenen einen Weg, mit ihrer Krankheit besser zu leben, denn Struktur und Bewegung in der Natur helfen dabei, depressive Phasen besser zu bewältigen. Weitere Tipps zur Selbsthilfe sowie die Links zu unterstützenden Organisationen gibt es auf der Homepage der Mood-Tour. Fast 700 Fans folgen der  Facebook-Seite, auf der aktuelle Fotos von Begegnungen, Aktionstagen und Presseberichten stehen (http://www.facebook.com/MoodTour).

Für Organisator Sebastian Burger, einem Profi-Fotograf, ist die Tour nicht das erste Radfahrprojekt unter Beteiligung anderer Menschen. Schon vor zehn Jahren fuhr er durch Südamerika – mit dem Tandem und einem fremden Menschen auf dem zweiten Sattel. Das nächste Projekt führte von Bremen nach Singapur auf zwei Tandems mit blinden Ko-Fahrern (2005) und 2009 war er in Sachen Gebärdensprache unterwegs, wieder in Südamerika, dieses Mal mit hörenden und tauben Menschen. Die nächste Mood-Tour soll 2014 stattfinden, Interessierte können sich schon jetzt auf der Homepage anmelden: www.mood-tour.de

dieGlucke legt Euch zum Thema Depression ein gerade erschienenes Buch ans Herz: Kathrin Weßling mit ihrem autobiografischen Roman Drüberleben – Depressionen sind doch kein Grund traurig zu sein, der gerade beim Goldman-Verlag erschienen ist. Die Rezension dazu gibt es demnächst hier.